LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON „Burn-out“ am 26.01.2012

Die meistgestellten Leserfragen am Expertentelefon „Burn-out“ am 26.01.2012

 

 

 

 

 

 

 

Ich fühle mich bei der Arbeit extrem gestresst und leide deshalb auch schon unter Schlaflosigkeit. Ist das schon ein Warnsignal für einen Burn-out bzw. woran erkenne ich, ob ich gefährdet bin?

  • Dr. Morad Ghaemi, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Bergheim: Grundsätzlich sind Gefühle von Überlastung und gelegentliche Schlafprobleme noch kein Grund zur Besorgnis, solange diese zeitlich limitiert bestehen. Problematisch wird es, wenn so eine Phase länger als nur ein paar Wochen andauert und man den Eindruck bekommt, dass man gar nicht mehr abschalten kann und auch in der Freizeit nicht mehr zur Ruhe kommt oder an nichts mehr Freude hat. Dann sollte man Hilfe suchen.

Ich habe Angst, unter dem Burn-out-Syndrom zu leiden. Wo kann ich konkret Hilfe finden?

  • Dr. Morad Ghaemi: Der erste Ansprechpartner sollte hier der Hausarzt sein. Dieser kennt den Patienten in der Regel schon sehr lange und ist auch mit seinem sozialen, familiären und beruflichen Umfeld vertraut. Der Hausarzt wird den Betroffenen dann unter Umständen an einen Psychiater oder an einen Psychotherapeuten überweisen. Infrage kommt auch ein Gespräch mit einem Betriebsarzt, welcher die beruflichen Gegebenheiten gut kennt.

In letzter Zeit hört man so viel zum Thema Burn-out. Ich bin 32 Jahre alt und möchte mich nun privat absichern. Worauf muss ich beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung achten?

  • Christoph Andersch, Experte für Berufsunfähigkeitsversicherungen bei den Ergo Direkt Versicherungen, Fürth: Vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sollten Sie sich über den geplanten Anbieter informieren, beispielsweise im Internet oder in unabhängigen Publikationen wie „Finanztest“. Die Absicherung selbst sollte bis zum persönlich geplanten Eintritt in die Altersrente vereinbart werden und die Rentenhöhe in etwa 70 bis 80 Prozent Ihres letzten Nettoarbeitseinkommens abdecken. Die Fragen zur beruflichen und gesundheitlichen Situation müssen beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung wahrheitsgemäß und gewissenhaft beantwortet werden. Darüber hinaus sollten Sie einen Vertrag wählen, bei dem auf die sogenannte abstrakte Verweisungsmöglichkeit verzichtet wird.

Ich bin alleinstehend und erst 25 Jahre alt, sollte ich jetzt schon eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, und wenn ja, in welcher Höhe überhaupt?

  • Christoph Andersch: Besonders in diesem Alter ist es – unabhängig von der familiären Situation – sinnvoll, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Denn gerade in jungen Jahren ist die gesundheitliche Situation meist gut und damit problemlos versicherbar. Zudem ist die Absicherung aufgrund des Alters im Allgemeinen zu äußerst günstigen Beiträgen zu bekommen. Auch in Ihrem Fall sollte die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente ca. 70 bis 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens betragen.

Ich war schon einmal wegen Überlastung in psychologischer Behandlung. Kann ich trotzdem eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen oder wird die Versicherung mich wegen eines erhöhten Risikos ablehnen?

  • Christoph Andersch: Sicherlich ist es schwierig, bei einer psychischen Vorerkrankung einen vollen Versicherungsschutz zu erhalten. Eine generelle Ablehnung eines Antrags ist damit jedoch nicht verbunden. So besteht etwa die Möglichkeit, psychische Erkrankungen vom Versicherungsschutz auszuschließen, sodass zumindest für alle weiteren Risiken der Schutz bestehen würde. Es ist daher durchaus ratsam, auch mit den geschilderten gesundheitlichen Vorbelastungen eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu beantragen.

Seit einiger Zeit macht mir meine Arbeit keinen Spaß mehr, ich bin unmotiviert und habe Angst, meinen Job zu verlieren. Nun befürchte ich, dass mir ein Burn-out droht. Wie kann ich gegensteuern?

  • Detlef Staadt, Diplom-Psychologe, Offenburg: Sie sollten sich am besten an einen Fachmann – beispielsweise einen Diplom-Psychologen oder Psychotherapeuten – wenden, um die Thematik zu besprechen und gemeinsam mit dem Experten einen individuellen Lösungsweg zu erarbeiten. Diesen Schritt sollten Sie zügig einleiten. Denn ansonsten könnte das mögliche Problem chronisch werden oder es könnte sogar zu einer „Self-Fulfilling Prophecy“ kommen: Ihre Angst vor der Entlassung reduziert möglicherweise effektiv ihre Leistungsfähigkeit und vergrößert somit tatsächlich das Risiko für eine Entlassung.

Ich sehe bei mir ganz klar Anzeichen für einen drohenden Burn-out. Ich mag das Thema aber bei meinem Vorgesetzten nicht ansprechen, weil ich Angst habe, dann als Versager dazustehen. Was kann ich tun?

  • Detlef Staadt: Zunächst sollten Sie unbedingt mit einem Fachmann, wie etwa einem Diplom-Psychologen oder Psychotherapeuten, sprechen und mit diesem gemeinsam individuelle Lösungsstrategien entwickeln. Bevor das nicht geschehen ist, rate ich Ihnen davon ab, ihren Vorgesetzten anzusprechen. Im ungünstigsten Fall könnten Sie dann ja tatsächlich als Versager dastehen, was vermieden werden sollte. In den Gesprächen mit einem Experten können und sollten Sie ihre Überlegung, den Vorgesetzten anzusprechen, zum Thema machen und dafür einen Lösungsweg erarbeiten.

Mein Sohn ist in der Ausbildung und fühlt sich dort stark unter Druck gesetzt. Ich mache mir große Sorgen. Können auch Jugendliche bereits unter einem Burn-out oder Depressionen leiden?

  • PD Dr. med. Christine Rummel-Kluge, Geschäftsführerin, Stiftung Deutsche Depressionshilfe: Ja, auch Jugendliche können leider bereits unter einem Burn-out leiden, und die Diagnose Depression gibt es ebenfalls auch schon bei Kindern und Jugendlichen. Die entsprechenden Symptome sollte man daher sehr ernst nehmen.

Ich habe meinen Beruf immer geliebt und war topmotiviert. Seitdem ich einen neuen Chef habe, ist das Ganze ins Gegenteil umgeschlagen: Ich bin vollkommen lustlos und deprimiert. Wie kann ich mein Gleichgewicht wiederfinden?

  • PD Dr. med. Christine Rummel-Kluge: Hier ist es wichtig, professionelle Hilfe etwa durch den Hausarzt in Anspruch zu nehmen und zu schauen, ob vielleicht auch andere Lebensbereiche von dieser Lustlosigkeit und Niedergeschlagenheit betroffen sind. Ein Burn-out ist „kontextbezogen“, eine Depression dagegen betrifft alle Lebensbereiche.

Ich bin schon zwei Monate wegen eines Burn-outs krankgeschrieben. Nun soll ich auf Wunsch meines Chefs zum Betriebsarzt. Muss ich diesen Termin wahrnehmen und was darf der Betriebsarzt danach meinem Arbeitgeber berichten?

  • Carmen Jux, Betriebsärztin bei der DKV Deutsche Krankenversicherung AG, Köln: Sie sollten den Betriebsarzt aufsuchen. Dieser kann Maßnahmen im Betrieb organisieren, die Ihnen eine Wiedereingliederung am alten Arbeitsplatz ermöglichen und Sie gegebenenfalls auch noch zu Ihrer Erkrankung beraten. Sie erhalten unter anderem Tipps, die Ihre Wiedereingliederung positiv beeinflussen können. Eine Verpflichtung, den Termin wahrzunehmen, besteht allerdings gesetzlich nicht.

Kann mich der Betriebsarzt in meinem Unternehmen auch behandeln oder kann er mich nur beraten? Unterliegt er wie andere Ärzte auch der Schweigepflicht oder wandert alles, was besprochen wurde, in meine Personalakte?

  • Carmen Jux: Die Funktion des Betriebsarztes liegt in erster Linie in der Beratung des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die notfallmäßige Behandlung oder Erstbehandlung wie etwa bei Unfällen im Betrieb ist zugelassen. Der Betriebsarzt unterliegt wie alle anderen Ärzte auch der Schweigepflicht. Ihre Unterlagen wandern nicht in die Personalakte, sondern werden separat aufbewahrt. Diagnosen werden der Personalabteilung nicht weitergeleitet.

Ich leite die Personalabteilung in einem mittelständischen Unternehmen. Was kann ich tun, wenn ich erste Anzeichen eines Burn-outs bei Mitarbeitern wahrnehme?

  • Carmen Jux: Bitten Sie den Mitarbeiter zu einem persönlichen Gespräch. Hier sollten Sie ihn konkret mit den Auffälligkeiten und Ihren Befürchtungen konfrontieren. Bieten Sie dann Hilfe an, etwa durch den Betriebsarzt oder die Sozialbetreuerin. Fragen Sie den Mitarbeiter, ob der Betrieb etwas zur Unterstützung bei den Problemen leisten kann. Treffen Sie Vereinbarungen und machen Sie vor allem auch einen neuen Gesprächstermin fest.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),